Aus der Artikelserie: Hochsensibilität, Empathie und erweitertes Bewusstsein – (Aus)Wirkungen
Der Empath – wie verwirrend und noch unerforscht sind seine Fähigkeiten und Gefühlswelten. Wie verkannt der Sensible, Einfühlsame und Empathischer in der heutigen Kultur ist und wie einsam er sich wohl immer wieder zu fühlen vermag? Ein Empath, jemand von dem man automatisch Mitgefühl erwartet – hat ihm jemand nach seinen eigenen Gefühlen, nach seiner Einsamkeit gefragt?
Gefühle versus Einfühlsamkeit oder „Warum sieht mich den keiner!“
Sich in andere einzufühlen, die Gefühle von anderen wahrzunehmen und vor allem richtig zu verstehen ist nicht leicht. Es gibt Menschen, die sich nach der Einfühlsamkeit von anderen verzehren, um in ihren Empfindungen und ihrer Gefühlswelt verstanden zu werden. Sie fühlen sich einsam und unverstanden. Die ganze Körpersprache, gar das gesamte Wesen schreit: „Warum sieht, warum fühlt den keiner, wie es mir geht?“.
Ja warum sieht und fühlt es den keiner?
Weil die Welt so kalt und herzlos ist oder weil es manchmal gar nicht das zu (er)fühlen gibt, was derjenige sich vorstellt, dass man aus seinem Zustand herauslesen, wahrnehmen soll?
Ist es möglich, dass der eigene gedachte emotionale Zustand eben nur gedacht/ausgedacht, eine Wunschvorstellung ist? Eine Vorstellung der eigenen, für die Außenwelt sichtbaren Gefühlswelt? Also eine Sehnsucht davon, wie derjenigen von anderen wahrgenommen und gesehen werden will. Die einen inneren Empfindungen und Zustände sollen für die anderen mehr sichtbar sein und so manche eher nicht. Das Eine ja, das Andere lieber nicht.
Man könnte sich auch die Frage stellen, warum braucht jemand überhaupt einen anderen, der sich in ihn hineinfühlen und seine Gefühlswelt ertasten soll. Die logische Antwort wäre: weil er es selbst nicht kann. So braucht er anscheinend ein Feedback, eine Information, eine Begegnung mit sich Selbst im Außen – eben diesen berühmten Spiegel, der ihm sagt, was in ihm eigentlich vorgeht:
Spieglein, Spieglein an der Wand, sagt mir doch, was geht in mir vor an diesem Tag?
Für jeden Topf gibt es einen passenden Deckel
Ein Sprichwort besagt; „Für jeden Topf gibt es einen passenden Deckel“, also wenn einer jemanden braucht, der sich in ihm hineinfühlt, wird es so einen auch geben. Nur! … Die Vorstellung und Erwartung dessen, wie und was geschehen soll, sind so eine Sache! Und warum sollte eigentlich jemand für sich selbst nicht fühlen können?
Weil …
die Menschen, die sich eben nach der Einfühlsamkeit der anderen sehnen, wollen vielleicht, dass man bei ihnen Gefühlszustände erfühlt, ertastet, die ihrer eigenen und möglicherweise verkehrten oder begrenzten Vorstellung von sich selbst entsprechen. Ein Konflikt ist damit vorprogrammiert, weil der Einfühlsame und Empathische der eigenen Wahrnehmungsfähigkeit entsprechend manchmal etwas gänzlich Unterschiedliches wahrnimmt, als von der Gegenseite erdacht und gewünscht! Der Empath fühlt meistens sogar ausgerechnet das, was der “Nach-Einfühlsamkeit-Schreiender” vor sich selbst und der Umwelt eigentlich zu verbergen versucht.
Zum Beispiel: Wenn jemand möchte, dass man seine Niedergeschlagenheit wahrnimmt, dass man versteht, wie er leidet, dass er ein Opfer der Umstände ist, bräuchte man sich grundsätzlich in diesen seinen Zustand nicht einzufühlen, da er auf der Oberfläche und damit offensichtlich ist. Darunter kann aber für den Empathen, statt dem Opfertum und der Schwäche, ein gewisser Grad von Aggression, Kampfbereitschaft, oder sogar Kampf-, Macht- und Kontrollsucht zu finden, zu erspüren sein. Derjenige, der ob aus Pflichtgefühl, Rücksicht, sozialer Freundlichkeit oder ehrlicher Hilfsbereitschaft gewagt hat, einen Blick unter die Oberfläche zu werfen und in das Energiesystem des anderen einzutauchen, kann von dem Widerspruch der “Gefühle”, bzw. des Erfühlten ziemlich erschrocken sein.
Gefühlswelten
Ähnlich wie bei den Gedankenwelten, scheinen auch die Gefühlswelten oder besser gesagt, die emotionalen Welten auf gewisser Art und Weise künstlich zu entstehen: als eine Art Überlagerung, Maske, Image, Strategie – aufgrund der bewussten/unbewussten Kenntnis, wie man am besten rüber kommt, was die Welt von einem braucht um das „intern“ verfolgte Ziel am „bequemsten“ Wege zu erreichen. Dieser auf „dem Leib“ genähte emotionale Umhang (!) entspringt einem Wunsch, einer Vorstellung, die meist auf einer Blockade, Trauma und Kränkung beruht. (Mehr zu diesem Thema auch in meinem Artikel: Das „eigene“ Schattenwesen und die Schattenenergie)
So kann es passieren, dass der Einfühlsame, trotz des ehrlichen, sogar liebevollen Bemühens (siehe die Mühe in diesem Wort) zum Feind wird, weil er nicht das Fühlen kann, was er SOLL! Statt dem Opfer, fühlt er auch die ergänzende Information – die Information des Täters, also kann er sehr schwer mit dem erwarteten, erwünschten Mitleid, Zuspruch helfen und dienen.
Wie tickt man als Empath richtig?
Bei dem Einfühlsamen selbst, kann aus so einer Situation, die er wahrscheinlich seit der Kindheit immer wieder begegnet auch ein Trauma entstehen. Die Absicht zu helfen und das ehrliche Bemühen um Mitgefühl führen zum inneren und äußeren Konflikt. Zweifeln an eigenen Fähigkeiten und an dem eigenen Urteilsvermögen, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Gefühl der Unzulänglichkeit, Selbstvorwürfe, Verschlossenheit, davon resultierende Kälte und ablehnende Haltung, sogar Starre, Steifheit können die Folge eines nicht “richtig” tickenden Empathen sein. Aus der verkehrten Logik (Mehr über die verkehrte Logik im Buch “BewusstseinsCaoching 2 – Die verkehrte Logik“) kann das Streben nach „dem richtigen Ticken“ entstehen, was übersetzt bedeutet, dass sich der Empathische wünscht endlich das zu fühlen, was von ihm verlangt wird. Nach und nach fühlt er sich in seiner Einfühlsamkeit überfordert, vereinsamt und isoliert.
Ein Empath kann nicht nur bei den sogenannten Leidenden nicht immer das gewünschte erfühlen, sonder er erahnt oft auch bei der sogenannten Alpha-Wesen einen anderen als den demonstrierten Bereich. Statt der zelebrierten Stärke und Macht möglicherweise Rat- und Hilflosigkeit, statt Klarheit und Gewissheit die Verwirrtheit und statt demonstrierter Freiheit und dem freien Geist eine starke Abhängigkeit und Begrenztheit, tiefe Angst und daraus resultierende Kontrollsucht.
Die Welt steht für den „Einfühlsamen“ Kopf, weil nicht das zu finden ist, was da sein soll, was gewünscht, erwartet, vorgeschrieben, versprochen wird.
Der Druck auf einen, und seine Menschlichkeit, die Vorstellung eines guten Menschen, eines Freundes, einen Wegbegleiter beginnt zu schwanken: Warum sieht man den Geliebten nur in einem anderen Licht, als es angeblich ein guter Menschen tun würden?
Offenheit und Ehrlichkeit
Selbst wenn man sich um eigene wahrhaftige Offenheit und Ehrlichkeit bemüht (schon wieder dieses mühen!) und nichts verstecken, verbergen möchte, sich keinen imaginären Umhang, kein Image zulegt und stets mit der nackten Haut im Wind spaziert, selbst da entsteht nach und nach ein unbestimmtes Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht, weil die „Gegenwelt“, die „Außenwelt“ eine schön geordnete Gefühlswelt (nach Vorschrift) von einem erwartet. Ein unmögliches Unterfangen …
Wenn ein Individuum ausnahmsweise über keine Verschachtelungen der Gefühle verfügt (aber wer kann das schon mit der Gewissheit sagen?), wenn die Offenheit Offenheit ist, wenn die Schwäche als Schwäche ausgelebt wird und die Stärke als solche zu Tage getragen wird, dann kann die restliche Welt meistens nichts damit anfangen und ist verständlicherweise eher misstrauisch oder sogar überfordert. Aus diesem Grund passiert es, dass obwohl man sich offen zeigt, doch von allen Seiten geprüft wird. Und wenn tatsächlich nichts anderes zu finden ist, als das was bereits auf dem Teller liegt, ist höchstwahrscheinlich kein gemeinsames Arrangement, keine Verbrüderung, kein Gentleman Agreement möglich – weil keine Resonanz mehr vorhanden ist, weil Offenheit und Misstrauen nicht zwei Seiten eines und den Selben sind.
So wird der offene Empath, der offene Sensible in der Regel zu einem Außenseiter deklariert, weil eben nicht das Gewohnte, das Übliche zu finden war. Nicht Solches, mit dem man umzugehen weiß, auf das man sich vorbereiten, einstellen könnte.
Der Schwach-Starke, oder der Stark-Schwache steht, obwohl die Tür weit offen ist, wie vor einer Wand und findet keinen Gegenpart mehr zu seiner eigenen Polarität – er ist sich selbst dieser Gegenpart ist.
Nicht selten erliegt er jedoch der Versuchung, um nicht gejagt/verjagt zu werden oder um die Flucht nicht ergreifen zu müssen, die allgemeinen Spielregeln doch zu erlernen um zumindest so zu tun, als würde er mitspielen. So ist er im Spiel drin, ist oberflächlich konform und punktet dadurch, dass er dank seiner sensibilisierten Wahrnehmung eine Fähigkeit entwickelt hat, sich nicht nur mitfühlend hinter den Schein hineinzufühlen, sondern auch zu Wissen, was der andere, die anerkannte Norm gerne haben mag/erwartet.
Spielregeln
So werden nicht die Schwachen von den Starken gejagt, diese leben ja in einer Art Symbiose, einem gemeinsamen Abkommen, sondern diejenigen, welche den Spielregeln nicht entsprechen und/oder diejenigen, die dieses Spiel durchschauen, nicht spielen (wollen), nicht folgen.
© Kristina Hazler 11/2011 (aktualisiert 11/2017)
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